Kutschfahrt im Mai

Eine Kutschpartie im Mai mit Hans Henze aus Wolferode

Eine Kutschpartie im Mai mit Hans Henze aus Wolferode

Es ist das Vorrecht einer personalisierten Website, also einer Seite im Internet, die die Vorlieben und selbstverständlich auch die Stimmungen eines Webmasters einfängt, es ist ein Vorrecht vor den anderen wichtigen Dingen im Leben, die sich vorrangig um Materielles, sprich um Geldverdienen drehen, eine höchst persönliche Note einzufangen.

Eine persönliche Note kann sein, schöne Erlebnisse darzustellen, beispielsweise Bergtouren und Bergpanoramen einem interessierten Internet-Nutzer zu zeigen: "SO SCHÖN" war dieser Tag auf diesem Berg.

Eine persönliche Note ist aber auch die Trauer um einen geliebten Menschen.

Sehr nah liegen sie bei- und nebeneinander: Glück und Schmerz, Frohsinn und Trauer.

Ohne diese "Harmonie in Dissonanz" oder "dissonante Harmonie" fehlte unserem Leben eine ganze Dimension des Bewußtseins und der Wahrnehmung der uns umgebenden Welt. Neben dem "so schön" muß notgedrungen das "SO TRAURIG" stehen ... als ausgleichendes Pendel für ein großes Glück.

Lieber Bergfreund, stell Dir vor, Du hast nach dem Verlust Deines viel zu früh verstorbenen, leiblichen Vaters einen neuen Vater gefunden. Einen Vater, dessen Anerkennung Du Dir erkämpfen mußtest, der Dir am Anfang des Kennenlernens nichts geschenkt hat, nicht einmal Aufmerksamkeit.

Dann, nach anfänglichen, vorsichtigen Abtastversuchen und ersten Schritten des Kennenlernens wächst ganz allmählich eine gegenseitige Anerkennung, ein Akzeptieren und Wertschätzen. Eine Männerfreundschaft mit Ecken und Kanten.

Das dauert Monate und Jahre und ist schwer errungen; aber desto wertvoller und nachhaltiger.

... und nun steht ein Familienfest bevor: Dein zweiter, neu-gewonnener Vater steht kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag!

Du bist aber eingebunden in die Vermietung der Ferienwohnungen in den Bergen, eigentlich hättest Du keine Zeit, über sechshundert Kilometer zu fahren und Deinen Schwiegervater hoch leben zu lassen.

Sei's drum. Du packst Deine Siebensachen, überträgst die Schlüsselgewalt Deines Hauses an treue Stammgäste, die Gott sei Dank gerade hier einen Kururlaub verbringen, und freust Dich auf ein Wiedersehen. Zu lange schon hatte man sich nicht mehr gesehen!

Es ist alles wie immer, der Tisch gedeckt, die Freude groß. Vier Tage vor dem siebzigsten Geburtstag unternehmen wir eine wunderbare Kutschpartie im Mai rund um den heimatlichen Dorfflecken Wolferode, der dem Schwiegervater nicht nur Heimat, sondern Lebensinhalt war.

Als Bergbewohner und Bergsteiger einmal auf einer Kutsche zu sitzen, sich von zwei Pferdestärken gemächlich durch die Landschaft des Mansfelder Landes ziehen zu lassen, eine Landschaft, die mit den Pyramiden der Abraumhalden gleichermaßen bizarr wie schön ist, einmal nicht selbst zu laufen und die Aussicht von der Kutsche zu genießen ist ein wunderbarer Eindruck, ein Entschleunigen der Zeit.

Allenthalben wird eine kurze Rast eingelegt, bei der die regionalen Spezialitäten des Südharzes verkostet werden. Hier wird noch Wert gelegt auf die bodenständige, deftige Küche. Daß das natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Waage bleibt, steht auf einem anderen Blatt. An diesem herrlichen Maitag ist es einfach nur schön.

Der andere Tag bringt die Ersteigung des Brockens, als höchste Erhebung des Harzes natürlich ein Muß für einen Bergbegeisterten. Nach zwei den Wetterunbillen geschuldeten, vergeblichen Anläufen, den Brocken zu besteigen, gelingt die Wanderung an diesem Maitag bei besten Wetterbedingungen. Die Aussicht ist für das sprichwörtlich schlechte Wetter am Brocken vorbildich. Den Schwiegereltern können wir stolz die Fotos unserer Wanderung am Abend bei Röstern vom Grill präsentieren.

Zwei Tage vor dem Siebzigsten des Schwiegervaters besuchen wir gemeinsam das Europa-Rosarium mit der weltweit größten Rosensammlung. Eine Rosenpatenschaft haben wir bereits seit Jahren übernommen und unterstützen so die Bemühungen der Rosenzucht.

Der Abend nach dem Besuch des Rosariums ist ein warmer, heller Maitag, keine Wolke trübt den Himmel. Also nochmals kurz hinaus in die Holzmarke zum Grünfuttermachen für die Pferde.

Der Schwiegervater senst, seine Tochter harkt, der Schwiegersohn lädt das Grünfutter auf den Pferdewagen.

"Gut in der Zeit sind wir, wir treffen uns zum Grillen auf dem Hof!" ruft der Schwiegervater zum Abschied und treibt die Pferde an.

Zu zweit laufen wir mit unserem English Setter "Gigi" hinter dem vorauseilenden Ponywagen her ... und finden den Vater vom Kutschbock gefallen auf dem staubigen Feldweg von der Holzmarke nach Wolferode. Herzinfarkt. Der Pferdewagen ist an der Böschung umgekippt, das Grünfutter liegt im Staub des Weges.

So schön hat dieser Tag begonnen. So traurig endet er.

Ich bin dankbar für zwei Väter.

Hier geht's zur Kutschfahrt im Südharz - Mansfelder Land, als wir alle noch zusammen waren. 

Panorama des Mansfelder Landes oberhalb

Panorama des Mansfelder Landes oberhalb von Wolferode bei Lutherstadt Eisleben
Panorama Mansfelder Land