Seltene Blütenpracht - Die Sumpfgladiole

Unsere Welt wird ärmer. Ärmer an Wildnis, ärmer an natürlichen Lebensräumen, ärmer an Natur, die sich selbst überlassen bleibt. Das gilt natürlich nicht nur für die Bergwelt, die immer stärker erschlossen und vom Massentourismus überrannt wird, die Verarmung hat im flachen Land vor den Bergen schon längst um sich gegriffen. Umso erfreulicher ist es, wenn bedrohte und äußerst seltene Wildpflanzen auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen ihren angestammten Lebensraum zurückerobern. 

Als ausgemachtem Blumenfreund wurde mir das bei einer schönen Wildblume wieder einmal bewußt: In einer Wiese fällt die Sumpfgladiole bereits von weitem durch ihre intensiv leuchtende Blütenfärbung auf und läßt das Herz eines jeden Fotografen höher schlagen. Der ehemals durch intensivste Nutzung verarmte Boden wurde hier den Sommer über sich selbst überlassen ... und siehe da, die Natur kehrt zurück in ihrer prächtigsten Form als Sumpfgladiole mit ihrer purpurroten Blüte. 

Die wesentlichste Ursache für die starke Bedrohung der Sumpfgladiole liegt in der Veränderung und dem Verlust ihrer Lebensräume. Als feuchtigkeitsliebende Moor- und Feuchtwiesenblume, deren Vorkommen früher durch die traditionelle landwirtschaftliche Nutzungsform der herbstlichen Streumahd erhalten wurde, ist sie von der Intensiv-Landwirtschaft arg betroffen. Da heute der Bedarf an Einstreumaterial in Form von Strohmahd der Feucht- und Streuwiesen in fast allen Betrieben nicht mehr besteht, wurden die Standorte der Sumpfgladiole durch Entwässerung und starke Düngung zur Umwandlung in Intensivgrünland oder zu Aufforstungen für Nutzholz umgewandelt. An ihren Standorten hat die Sumpfgladiole zudem mit der Dominanz von schnell wachsenden Pflanzen wie Schilf zu kämpfen. Als Lichtpflanze ist die Sumpfgladiole ohne einmalige Mahd der Streuwiesen schnell überwuchert.

Die Sumpfgladiole wächst bis in Höhen von 1.500 Metern und wird bis zu 60 Zentimeter hoch. Die Blütezeit fällt abhängig von Standort und Witterungsverlauf in die Monate Juni bis Juli. Im Alpenraum ist die Sumpfgladiole jedoch nur äußerst selten anzutreffen. Umso mehr erfreut es den Fotografen und Liebhaber schöner Alpenblumen, wenn er einmal ein seltenes Exemplar der Sumpfgladiole auf einer Wiese findet.  

Wer hat uns den Weg zu der selten-schönen Sumpfgladiole gewiesen? Es war unser English Setter "Gigi", für den wir immer neue Spaziermöglichkeiten ohne drohenden Autoverkehr suchen. Am Rande der Stadt und in der Nähe einer renaturierten Mülldeponie sahen wir dann etwas leuchten. Es waren die purpurroten Blüten nicht nur einer, sondern einer ganzen weiten Wiesenfläche voller Sumpfgladiolen oder Siegwurz, wie die Sumpfgladiole auch genannt wird. 

Der Name Sumpf-Siegwurz für die Sumpfgladiole rührt von einem alten, mittelalterlichen Aberglauben. Beim Grundorgan der Sumpfgladiole handelt es sich um eine Knolle, wobei die Fasern der Knollenhülle sehr stark netzig verbunden sind und rundliche bis elliptische Maschennetze ausbilden. Wegen des  netzähnlichen Überzugs herrschte im Mittelalter der Glaube vor, daß ein Ritter unverwundbar wäre, der eine oder mehrere Knollen der Siegwurz unter seiner Rüstung hätte. Aberglaube oder nicht, der purpurne Blütenstand der Sumpfgladiole ist ein Parade-Motiv für die Fotokamera und ein Zeichen dafür, daß zumindest an diesem Standort die Natur sich ihr Recht zurückerobern konnte, weil der Mensch einen Schritt zurück getan hat.

Botanische Gliederung der Sumpfgladiole

Klasse: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Unterklasse: Lilienähnliche (Liliidae)
Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
Familie: Schwertliliengewächse (Iridaceae)
Gattung: Gladiolen (Gladiolus)
Art: Sumpf-Siegwurz
 
Wissenschaftlicher Name
Gladiolus palustris

Sumpfgladiole / Sumpf-Siegwurz

Sumpfgladiole / Sumpf-Siegwurz

Setter "Gigi" beim Blumenbestimmen

Setter "Gigi" beim Blumenbestimmen

Wandertipp für Blumenfreunde Orchideen und Alpenblumen im Tiroler Lechtal